C O P Y R I G H T
KURZ-INTERVIEW
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PIERRE GRANOUX "TERRE FER MER" (mit Jean Luc Cornec)
WAS MACHT FÜR DICH EINEN ORT ZUM UNORT?
Ein anderer Blickwinkel, eine SinnVerschiebung, eine von der
ursprünglichen Funktion abweichende Nutzung: zum Beispiel,
ein (W)ort zum un(W)ort!
(Nach Marc Augé liegt die Definition der reellen "NichtOrte"
der Übermodernität in den Worten oder Texten, die sie
uns anbieten: ihre Benutzerhinweise greifen auf Ideogramme oder
auf unsere Muttersprache zurück.)
INWIEFERN BERÜHRT DEINE ARBEIT DAS THEMA ORTE/UNORTE?
Ich benütze Straßenkarten Frankreichs, die im Raum auf
gegenüber liegenden Wänden in Szene gesetzt werden: Man
muss seinen Blick durch den gesamten Raum wandern lassen, um das
französische "Hexagone" (Sechseck) zu rekonstruieren.
Dies bedeutet auch die Verbildlichung einer Reise durch den Galerieraum
sowie von den Süden in den Norden Frankreichs. Die Reise als
Bewegung von einem Ort an einen anderen, oder besser das gedankliche
Konstrukt einer solchen Reise, wird auch in einem Austausch von
Postkarten mit regionalen Küchenrezepten auf sensible Weise
zum Ausdruck gebracht: die Absender dieser "mental map"
ein sinnliche und zärtliche Frankreichkarte haben
an meine Berliner Adresse ihr Lieblingsrezept geschickt. Die am
häufigsten geschickte Karte habe ich ausgewählt, um sie
am Tag der Ausstellungseröffnung als Vorlage für ein Essen
zu nehmen: es ist die "soupe au pistou", ein Rezept aus
dem Süden Frankreichs, aus der Provence aus der ich komme.
Eine Frankreichkarte, geteilt in zwei Teile, die sich gegenüberstehen
wie zu einem sportlichen Wettkampf (Tennis z.B.), Postkarten, die
das Bild eines KlischeeFrankreichs entstehen lassen
gut essen "wie Gott in Frankreich"; und eine Galerie,
die zum Imbiss wird, in welchem die Transformation all dieser Elemente
genossen wird: die Interpretation der Worte und der Bilder durch
unseren Geist und unseren Magen.
IN JÜNGERS ZWILLE FLÜCHTET DER ÜBERSENSIBLE KÜNSTLER
AN EINEN ABORT, DEN DIE ÖFFENTLICHKEIT MEIDET, UND ERFINDET
DORT EINE BESSERE WELT. INWIEFERN SPIELT DIESE HALTUNG BEI DER BEARBEITUNG
DES THEMAS ORTE/UNORTE EINE ROLLE?
Ich bin dieser übersensible (französische) Künstler:
von Berlin aus habe ich von meinem Heimatland ein verändertes
Bild, manchmal kritischer, doch oft auch beschönigend. Das
Gefühl der Ferne gemischt mit Nostalgie der verlorenen Kindheit
und Jugend ermöglicht mir eine neue Beziehung zu diesem Land:
so lese ich französische Autoren, die ich in Frankreich nie
gelesen hätte und höre französische Musik, die weit
entfernt ist von dem Musikgeschmack, den ich in Frankreich lebend
hätte... Das selbst gewählte Exil ist der Unort, von dem
ich nie hätte glauben können, daß er mein Lebensort
wird. Ich habe hier die Einsamkeit der Sprachlosigkeit experimentiert.
Erst das mühsame Erwerben der fremden Sprache und SprachLogik
machte den Unort wieder zum Ort.
MACHT DIE KUNST DEN UNORT BESSER ALS DIE WELT?
Der Unort existiert durch den Blick der Menschen, die sich nicht
darin wiedererkennen oder nicht mehr wiedererkennen oder noch nicht
wiedererkennen. Je nach Zeitpunkt, Gebrauch und Thematik kann ein
(Ausstellungs-)Ort zu einem Unort werden und umgekehrt. Je nach
Zeitpunkt kann ein Unort besser als die Welt sein.
WAS HAT FÜR DICH DEN REIZ AUSGEMACHT, BEI DEM PROJEKT AUSZUSTELLEN?
Ich hatte Lust, Kunst mit Küche zu verbinden: eine Spezialität
meiner Heimat zu kochen und dieses Vergnügen, für andere
zu kochen zu koppeln mit der Freude, Kunst zu machen. Mit anderen
und für andere.Ich bin dieser übersensible (französische)
Künstler: von Berlin aus habe ich von meinem Heimatland ein
verändertes Bild, manchmal kritischer, doch oft auch beschönigend.
Das Gefühl der Ferne gemischt mit Nostalgie der verlorenen
Kindheit und Jugend ermöglicht mir eine neue Beziehung zu diesem
Land: so lese ich französische Autoren, die ich in Frankreich
nie gelesen hätte und höre französische Musik, die
weit entfernt ist von dem Musikgeschmack, den ich in Frankreich
lebend hätte... Das selbst gewählte Exil ist der Unort,
von dem ich nie hätte glauben können, daß er mein
Lebensort wird. Ich habe hier die Einsamkeit der Sprachlosigkeit
experimentiert. Erst das mühsame Erwerben der fremden Sprache
und SprachLogik machte den Unort wieder zum Ort.
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Das Kunstprojekt lädt alle Interessierten aus Kunst, Musik,
Literatur und Theorie ein zum Austausch über das
Phänomen des Unortes. Das Projekt ist bis zum 14. Juli 2002
mit Ausstellungen, Performances, Lesungen
und Vorträgen im Projektraum der Galerie Kampl.
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